Verfasst von: mmbader | Oktober 29, 2008

Overland Track – Teil 1

Freunde der Sonne,

die Vorlesungszeit ist letzte Woche zu Ende gegangen – verdammt schnell wie ich finde. Nach meinem Ausflug nach Brisbane am letzten Mittwoch (Blogeintrag folgt noch) habe ich nun endlich die Zeit, den ersten Teil des lange erwarteten Berichts über den Overland Track in Tasmanien zu schreiben.

Tag 1 – das Abenteuer beginnt

Es geht los! Am Freitag um 13:55 Uhr starten wir unsren Weg am Lake Dove Car Park. Zum letzten Mal gibt uns der Busfahrer die Hand, der uns vor drei Stunden in Launceston aufgeladen und zum Cradle Mountain gefahren hat. Wir setzen unsre ersten Schritte auf einen der größten und beeindruckensten Wanderwege der Welt – der Overland Track beginnt.

Meine Aufregung und Erwartung, was wir wohl alles sehen und erleben werden, lassen den starken anhaltenden Regen in den Hintergrund meiner Wahrnehmung verschwinden. Nach einigem leichten Auf- und Abstieg fühlt sich die zurückliegende Zivilisation schon sehr weit weg an. Über der Seenlandschaft um den Lake Dove an der Ostseite des Cradle Mountains hängt eine düstere Nebel-Regen-Suppe, an der wir uns unsren Weg vorbei zur ersten Hütte bahnen. Unsere ursprüngliche Planung, den Pass über den Cradle Mountain zur Waterfall Valley Hut zu nehmen, haben wir aufgrund des starken Regens, der Windböen und unserer Unerfahrenheit mit der tasmanischen Witterung verworfen. Wahrscheinlich hätten wir außer einer grauen Nebelwolke eh nichts zu sehen bekommen. Doch plötzlich klart das Wetter ein wenig auf und der Cradle Mountain zu unsrer Rechten kommt in seinem vollen Ausmaß zum Vorschein. Die schneebedeckten Abhänge und Gipfel geben uns eine Vorahnung davon, was uns in den kommenden Tagen bei der Besteigung des Barn Bluff und der (versuchten und gescheiterten) Besteigung des Mt Ossa und des Mt Pelion East erwarten sollte.

Nach knappen dreieinhalb Stunden erreichen wir die Scott-Kilvert Hütte, in der wir die erste Nacht verbringen. Ausgestattet ist diese mit ein paar Tischen und Bänken, einem kleinem Kohleofen und ein paar Überbleibseln von vorherigen Besuchern, wie Kerzen, Tütenessen und Grillanzündern (überlebenswichtig! Unsere Rettung in der ersten Nacht!!). Wir sind die ersten und einzigen Besucher für diese Nacht, also breiten wir uns unverschämt chaotisch auf den diversen vorhandenen Ablageflächen aus. Ich war von der Hitze überwältigt, die man mit dem kleinen Ofen und ein wenig Steinkohle erzeugen konnte. So werden unsere Sachen für den nächsen Tag zumindest schön trocken.

Bei einem heißen Tee planen wir den nächsten Tag und gönnen uns nach einem großzügigen Essen den wohlverdienten Schlaf.

Fotos von Tag 1

Tag 2 – zwei Gipfelstürmer wollen hoch hinaus

Der erste Schnee unter unseren Füßen! Nach dem wir uns gegen 8 Uhr von der Scott-Kilvert Hütte aufgemacht haben, erwartet uns ein steiler Anstieg auf das Hochplateau des Cradle Mountain. Nach kurzer Verschnaufpause erreichen wir den offiziellen Beginn des Overland Tracks:

„Welcome! Are you about to walk the Overland Track? Do you have your Overland Track pass? …“ Als wenn man einen halben Tag zum Visitors Centre zurücklaufen würde, wenn man keinen hätte. Tz. Uns erwartet heute unser erster Side-Walk zum Barn Bluff (1559 m). Die Sicht ist schlecht, und wir wissen nicht, ob wir den Gipfel erreichen oder überhaupt den Berg besteigen können. Das beste an den Sidewalks ist, dass man nicht seinen dicken Rucksack mitschleppen muss, weil man später eh wieder den selben Weg zurückläuft. Also packen wir unsere Wertsachen und ein paar Snacks in Felix‘ kleinen Rucksack und machen uns auf den Weg…

Auf dem oberen Bild kann man nicht erkennen, dass sich unter unseren Füßen eine ca. 1 Meter dicke Schneeschicht befindet. Doch kurz nach diesem Foto versinkt Felix mit dem rechten Bein bis zu seiner Hüfte (siehe Fotos Tag 2) – soviel Schnee haben wir nicht erwartet. Doch wartet bis Tag 4…

Nach etwa einer Stunde erreichen wir den Fuß des Barn Bluff. Die Sicht ist bescheiden. Eine fette Nebelwolke umgibt den Berg und es sieht auch nicht so aus, als würde sich das so schnell ändern. Unsere Motivation sinkt erheblich, als uns klar wird, dass es a) wenig Sinn macht, nach oben zu klettern, wenn man seine Hand vor Augen nicht sehen kann, und b) es wohl auch ein wenig gefährlich wäre, bei der schlechten Sicht den Anstieg überhaupt zu wagen. Dazu kommt noch, dass wir keine Ahnung haben, wo der Weg zum Gipfel führt. Nach einem kurzen Picknick wollen wir uns schon wieder auf den Rückweg machen, als unser Ehrgeiz uns packt und wir beschließen, den Aufstieg doch einfach mal zu probieren und zu sehen, wie weit wir kommen.

Zuerst wissen wir nicht so recht, ob es Sinn macht, aber wir glauben plötzlich einen Haufen gestapelter Steine zu erkennen – und da noch einen, und noch einen. Auf dem Foto kann man unter Felix‘ linker Hand einen diesen Haufen erkennen, auf dem großen langen Stein links etwas weiter oben befindet sich der nächste. Unser Abenteuerdrang bringt uns dazu, diesen Haufen zu folgen. Und tatsächlich, sie scheinen den Weg nach oben zu kennzeichnen – und ich denke auf einmal, dass wir heute doch noch den Gipfel erreichen könnten. Die Sicht ist bisher unverändert, doch auch hierbei habe ich irgendwie ein gutes Gefühl.

Ich hab’s gesagt!! Verdammt noch mal, wie geil ist das denn? Die Sicht wird zunehmend besser und gewaltige Aussichten tun sich vor unseren Augen auf. Ich kann kaum die richtigen Worte finden, um meine Freude auszudrücken – wie man in diesem Video unschwer erkennen kann. Wir sind zwar noch nicht oben, aber der Gipfel ist zum Greifen nah!

Die letzten Schritte…

Geschafft! Unglaublich, aber wir haben es tatsächlich fertiggebracht. Bei einer langen Verschnaufpause essen  wir in Ruhe unsere restlichen Snacks für den Tag auf. Dabei genießen wir den traumhaften Ausblick auf die weit entfernten, schneebedeckten Bergkuppen, auf die weitläufigen Täler und auf die winzigen Holzplanken des Sidewalks, auf denen wir vor 1-2 Stunden Richtung Barn Bluff marschiert sind. Wenn man zur anderen Seite des Gipfels herunterschaut, kann man erahnen, wo unser weiterer Weg uns hinführen wird: Vorbei am Lake Will, Lake Holmes und einigen weiteren kleineren Seen zum Lake Windermere und dort zu unserem zweiten Nachlager, der Windermere Hut.

Der Abstieg geht erstaunlicherweise viel schneller als der Aufstieg, wohl auch deshalb, weil wir nun den Weg nach unten genau kennen. Mit stolzem Gefühl in der Brust machen wir uns nach einer kurzen Verschnaufpause auf den Rückweg zu unseren Rucksäcken und zum Haupttrack. Unterwegs lässt Felix unbeabsichtigt seine Handschuhe auf einem Felsen liegen und muss daher einen zusätzlichen Weg von einer halben Stunde in Kauf nehmen.

Wir lassen die Waterfall Valley Hut rechts liegen und machen uns mental auf die drei weiteren Stunden zur Windermere Hut gefasst. Die Landschaft ist nun geprägt von weitläufigen Ebenen überwachsen mit Buttongras und diversen Sträuchen, Bäumen und anderen grasartigen Gewächsen. Wir entscheiden uns, den Sidewalk zum Lake Will zu überspringen und direkt durchzumarschieren. Obwohl wir schnell voran kommen, die Landschaft wundervoll abwechselungsreich und idyllisch aussieht und das sich das Wetter zum Wandern sehr günstig zeigt, wünschen wir uns schon bald, doch endlich an der Windermere Hut anzukommen. Das letzte Stück stellt sich noch einmal als wahrer Ausdauerfresser heraus. Schließlich erreichen wir die Hütte – und sind ein wenig enttäuscht, noch weitere Wanderer vorzufinden. Das gemütliche Gefühl der Einsamkeit inmitten der Wildnis können wir in der zweiten Nacht daher nicht verspüren. Was wir allerdings sehr deutlich verspüren, ist das (gefühlte) 3 °C kalte Wasser des Lake Windermeres, in den wir nach kurzer Erholung an der Hütte „baden“ gehen. Baden bedeutet in diesem Fall, dass wir für ca. 1,5 Sekunden kreischend und juchzend in das eiskalte Nass eintauchen, um dann mit dem dreifachen Adrenalinkick, den man sonst beim Saunabaden verspürt, zurück zum Ufer zu hechten, um sich nicht alle Gliedmaßen abzufrieren – aber das war es sowas von Wert, huiiii alter Schwede 🙂 Leider haben wir davon keine Fotos gemacht. Die Hütte ist ausgestattet mit einem Gasofen, der lästiges Kohle nachschaufeln überflüssig werden lässt. Die zweite Nacht ist im Gegensatz zur ersten von der Temperatur auch sehr viel angenehmer, vermutlich dank der guten Isolierung der Hütte.

Fotos von Tag 2

Tag 3 – erschöpfende Wanderung und Schneegestöber

Ausgeruht und mit neuer Kraft steht uns das nächste Stück des Overland Tracks bevor: Eine fünfstündige Wanderung von der Windermere zur New Pelion Hut, eine der schönsten Hütten auf dem gesamten Track. Alles andere als schön ist allerdings der Weg, der uns dorthin erwartet, ebenso wie die unangenehme Witterung. Zwar verläuft die Strecke sehr flach und ist daher relativ leicht zu absolvieren, jedoch nach spätestens drei Stunden durch dichten Wald bei konstantem Regen kriegen wir beide einen leichten Koller – das erste Motivationstief unserer Wanderung.

Das einzig nennenswerte auf dem heutigen Streckenabschnitt sind einige interessante Gewächse wie farnartige Riesenpalmen und ein paar nette Wasserfälle – viel mehr bekommen wir nicht zu sehen. Um so glücklicher sind wir, als wir bei immer noch strömendem Regen die Hütte erreichen. Ausgestattet mit einem Gasofen und viel Platz steht die New Pelion Hut am Fuße des Mount Oakleigh und bietet uns einen der schönsten Ausblicke, den man aus einer der Hütten auf dem Overland Track zu sehen bekommt. Wir erreichen unser drittes Nachtlager zwar schon gegen halb 2, beschließen aber, das Wandern für heute gut sein zu lassen und unsere Kräfte für Tag 4 und den möglichen Sidewalks zu Mount Ossa oder Mount Pelion East zu schonen. Außerdem klagt Felix über Knie und Fußprobleme und wir wollen schließlich keine ernsthaften Verletzungen riskieren. Auch diesmal sind wir nicht allein, insgesamt sechs andere Wanderer teilen das Quartier mit uns.

Der restliche Tag entschädigt meiner Meinung nach komplett für die anstrengede Wanderung. Die New Pelion Hut ist so gemütlich und bietet einen so traumhaften Ausblick, dass man die freie Zeit hier noch viel mehr genießen kann als in den vorigen Hütten. Und als ich mit einem heißen Tee in meinen Schlafsack gekuschelt mit einem Buch in der Hand mit ausgestreckten Beinen auf der Bank liege, entfaltet sich am stärksten das unbeschreiblich entspannende Gefühl des Trekkens – das Bewusstsein, von niemandem erreicht werden zu können, keinen Zugang zur Zivilisation, sei es über Telefon, Internet oder Fernsehen zu haben und einfach nur mal komplett abschalten zu können – herrlich. Was dann passiert, haben wir nicht erwartet: Auf einmal wird der Regen zuerst zu winzigen, dann immer größer werdenden Schneeflocken und nach kurzer Zeit verwandelt sich die grüne Baum- und Sträucherlandschaft in eine puderzuckerweiße Winterwelt. Die Umgebung wirkt jetzt noch friedlicher und der Gemütlichkeitsfaktor in der warmen Hütte steigt noch mal um einiges. Wir bereiten uns gedanklich auf den vierten Tag vor: Mt Ossa und Mt Pelion East werden uns einen weiteren atemraubenden Ausblick auf die tasmanische Landschaft bescheren, doch leider sollte es nicht dazu kommen…

Fotos von Tag 3

Fortsetzung folgt…


Antworten

  1. […] Wildnis, zwischen Cradle Mountain und Lake St. Claire ergangen ist, dem empfehle ich dringendst Michael’s wirklich gelungenen Blogeintrag zu […]

  2. Hallo Michael, berühmte Autoren machen es ja ähnlich, um die Leserschaft zu fesseln – erst wird die Veröffentlichung um Wochen bis Monate herausgezögert und dann ist es plötzlich ein Fortsetzunsroman 😉
    Aber ich warte schon gespannt auf den nächsten Teil. Klingt wirklich sehr nach „gelungenem Abenteuer“!
    Grüße aus Mannheim
    Johanna

  3. Gut geschriebener Eintrag, auf so einen Overland Track hätte ich auch mal Bock.

    Kannst mir ja die Hütten mit Tagcrumbs speichern. 😉

    Gruß aus Irland,
    Cornelius.

  4. […] Schöne Bilder von den Traumstränden an der Ostküste kann man auf dem Blog von Jsa und Florian finden.  Einen tollen Bericht über seine Erlebnisse auf dem Overland Track hat Michael verfasst. […]

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